Die gewaltsamen Übergriffe von Migranten auf die Essener Tafel treffen eine zivile Hilfseinrichtung, die auf den sozialen Bindungen der Menschen „vor Ort“ beruht. Aber für die herrschende Politik ist alles verdächtig, was nicht globalisierbar ist.
Aus dem Notizbuch: Hilfe braucht Gemeinsamkeit
1.März 2018
Der Ausdruck „Essener Tafel“ ist in aller Munde. Beinahe über Nacht ist er zu einem Schlüsselwort für die deutschen Zustände geworden. Aber in welchem Sinn ist das zu verstehen? Man denkt zunächst an die Maßnahme, die hier getroffen worden. Eine private, gemeinnützige Einrichtung der Armen-Versorgung mit Lebensmitteln hat beschlossen, für einige Zeit keine Migranten mehr neu in den Bezieherkreis aufzunehmen. Wohlgemerkt, es geht um die Neuaufnahme, nicht um einen Ausschluss der Migranten, die bisher schon Lebensmittel erhielten. Die Essener Tafel will damit erreichen, dass die zahlenmäßige Übermacht, die Migranten dort inzwischen gewonnen haben, nach dem zahlreiche einheimische Arme sich zurückgezogen hatten, wieder abgebaut wird. Aber solange man nur die Maßnahme sieht, ist das Wesentliche, was das Wort „Essener Tafel“ über die deutschen Zustände sagt, gar nicht getroffen. Man kann schlaumeierisch über die Maßnahme die Nase rümpfen und mit erhobenem Zeigefinger vor „Ausländerfeindlichkeit“ warnen. So waren auch die ersten Stellungnahmen von Politikern und Kommentatoren. Sie erwarteten, dass die Angelegenheit, einmal auf dies Abstellgleis gebracht, bald erledigen würde. Aber dann geschah etwas Anderes. Die Öffentlichkeit wollte etwas anderes wissen: Was war in den Warteschlangen vor der Lebensmittel-Verteilung geschehen? Die Menschen wollten das wissen, weil sie inzwischen ihre Erfahrungen mit jenen vielfältigen Aktionen der Inbesitznahme haben, die Migranten – vor allem Migrantengruppen – im Alltagsleben machen. Der Ausdruck „Essener Tafel“ stand nun für eine gewaltsame Verdrängungs-Wirklichkeit. Für „Deutsche Zustände“, die etwas ganz anderes sind, als das Aushängeschild eines weiten, bunten und lockeren „offenen Landes“ vortäuscht.
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Es ist wichtig, noch einmal nüchtern und eindeutig das aufzuschreiben, was in Essen passiert ist. In den täglichen Warteschlangen haben junge, kräftige Migranten-Männer in kleineren oder größeren Gruppen Frauen und ältere Leute angerempelt, angepöbelt und weggestoßen – und so die besten Plätze für sich besetzt. Alleinstehende Alte oder alleinerziehende Mütter, die sich seit längerer Zeit auf diese Weise über Wasser halten, fanden sich auf der Straße wieder und mussten hilflos zusehen, wie die Lebensmittel, auf die sie fest gezählt hatten, verschwanden. Es sind Menschen die nicht besonders wehrhaft sind, die durch Gewalt und drohende Gesten leicht einzuschüchtern sind und schnell resignieren. Eine alleinerziehende Mutter muss aufpassen, dass sie heile wieder nach Hause kommt, weil sie weiß, dass dort ihr Kind wartet. Man kann sich gut vorstellen, wie sich diese Menschen gefühlt haben, als sie von grinsenden und feixenden Gruppen abgeblockt wurden. Und niemand war da, um sie zu schützen. Viele von ihnen sind dann nicht mehr gekommen, berichten die ehrenamtlichen Helfer der „Tafel“. Sie sind irgendwo in einer kleinen Wohnung verschwunden. Ihre Not ist nun unsichtbar. Ihnen ist auch der Ort genommen, wo sie mit anderen Menschen ein paar Worte wechseln konnten.
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„Sie wurden wirklich auf die Straße gestoßen“ – Wenn man das so aufschreibt, muss man feststellen, dass die Berichterstattung in den Leit-Medien des Landes es bis heute nicht geschafft hat, diesen einfach Satz zu schreiben. Nehmen wir zum Beispiel die folgende Aussage in den NTV-Nachrichten am 27.2.2018: Die Essener Tafel habe ihre Maßnahme getroffen, sagt der Sprecher, „weil sich einige durch die vielen Ausländer bedroht fühlten“. Nein, sie fühlten sich nicht nur bedroht. Es gab und gibt Taten. Verlagert man aber die Angelegenheit ins Subjektive („bedroht gefühlt“), ist das Problem auf einmal auf der Seite der Verdrängten gelandet. Nicht die gewaltsame Besetzung der Lebensmittelausgabe muss geändert werden, sondern die Betroffenen müssen irgendwie mit ihren Angstgefühlen „umgehen“. Sie sollen sich ändern. Von da ist es dann nur ein kleiner Schritt zur Diagnose „Ausländerphobie“ und noch ein kleiner Schritt zu „rechtradikal“. So läuft schon in der ganz elementaren Berichterstattung eine Scheidelinie: Erkennen die Medien in Deutschland endlich die Tatsache an, dass wir es in Deutschland mit einem handfesten und nicht nur vorgestellten sozialen Verdrängungsvorgang zu tun haben?
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Zur Wahrheit gehört auch. Nur durch die Notmaßnahme der Essener Tafel, weitere Migranten nicht aufzunehmen, ist diese Wirklichkeit überhaupt bekannt geworden. Niemand hätte sich um diejenigen gesorgt, die auf einmal nicht mehr zur Essenausgabe kamen. Niemand hätte davon in den Medien berichtet. Und niemand von jenen Politikern, die jetzt der Essener Tafel Lektionen über Mitmenschlichkeit erteilen wollen, hat sich dieser Not der einheimischen Hilfsbedürftigen angenommen. Der Prozess der Verdrängung läuft ja schon seit vielen Monaten – und keiner dieser Politiker hat dagegen einen Finger gerührt.
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Aber bleiben wir noch beim dem Guten, was hier geschehen ist. Die Essener Tafel hat sich nicht nur durch ihren Beschluss verdient gemacht, sondern auch durch die Unbeugsamkeit, mit der sie diesen Beschluss aufrechterhalten hat. Sie hat der eiskalten Ignoranz der Mächtigen eine wunderbare Pointe aufgesetzt: Wenn Ihr Euch nicht um die Wirklichkeit schert, dann scheren wir uns einen Dreck um Eure „Schlausprecherei“ (wie es der Vorsitzender Jörg Sartor ausdrückte). Und wie genial ist die Antwort auf die linken Nazi-Schmierereien auf den Tafel-Lastern: „Die Fahrzeuge rollen so durch die Stadt, das sollen alle sehen“. Und nun weiß die ganze Stadt, wer die Lebensmittel bringt und wer nur Hetzparolen kann.
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So ist hier, in einer kleinen gemeinnützigen Einrichtung im Ruhrgebiet, in einer bescheidenen Ecke unserer Republik also, eine Maßnahme getroffen worden, die von der herrschenden Politik mit einem absoluten Tabu belegt ist: ein Aufnahmestopp für Migranten. Eigentlich wäre diese Maßnahme für die gesamte Republik fällig und das schon lange. Sie wäre von der Bundesregierung zu treffen. Dies wird unter Führung der Bundeskanzlerin nach wie vor verhindert. Die Bundesregierung hat auch dafür gesorgt, dass die Migrantenmassen, die ohne Visum und geklärte Identität die Grenze nach Deutschland überschritten hatten, sofort ins Landesinnere weitergeleitet wurden – und sich dort praktisch nach Belieben ihren Aufenthaltsort suchen konnten. Die Aufnahmelasten wurden den Kommunen und Landkreisen angehängt. Und nicht etwa nur dem staatlichen Sozialsystem, sondern der bürgerlichen, arbeitenden Gesellschaft. Die Migrantenmassen wurden in das deutsche Alltagsleben entlassen, auf Straße und Plätze, in Busse und Bahnen, in Supermärkte und Diskotheken, in Freibäder und Parkanlagen. In Betriebe, Schulen, Wohnhäuser. Was als äußerliche Geste der hohen Politik – „Wir öffnen die Grenze“ – wohlfeil begann, kam dann als gewaltige Druckwelle im Innern des Landes an, und zwar dort, wo das Leben sowieso schon schwer ist und wohin die sogenannten “besseren“ Schichten sich nur selten verirren. Das bedeutete: Die unteren Etagen des deutschen Hauses wurden rücksichtslos überfüllt, und ein ebenso rücksichtsloser Verdrängungskampf begann. Erst hier werden die sozialen Kosten jener Politik spürbar, die von oben so einfach zu verkünden war. In dieser unteren Etage arbeitet die „Essener Tafel“ und sie hat nun den Beschluss zum Aufnahmestopp gefasst, den eigentlich und viel früher die große Politik hätte fassen müssen. Die Gewalt, die jetzt in Essen einheimische Hilfsbedürftige auf die Straße stößt, ist durch Merkels offene Grenzen ins Land gekommen. So führt eine direkte Linie von der Essener Tafel zu Merkels Schreibtisch.
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Als Mensch mit rechtstaatlich-demokratischen Überzeugungen ist man geneigt zu erwarten, dass so ein Beschluss in einer bedeutenden deutschen Großstadt Aufmerksamkeit, Nachfragen und eine Selbstprüfung bei den Regierenden auslöst. Doch weit gefehlt. Man fragt gar nicht erst nach. Man hört gar nicht erst hin. Man ist sofort mit prinzipiellen Verurteilungen zur Stelle. Die obere Etage der Politik zeigt, dass sie sich gegenüber den Realitäten im Lande verbarrikadiert hat,
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Kaum war der Aufnahmestopp der Essener Tafel bekanntgeworden, drängten sich die Warner mit erhobenem Zeigefinger an die Mikrofone und sprachen ihr Urteil. Auch hier lohnt es sich, genau zu hinzuschauen, was hier eigentlich gesagt wurde und wie es getan wurde:
Sawsan Chebli (SPD, Staatsekretärin des Landes Berlin für bürgerschaftliches Engagement und Internationales) twitterte „Mir läuft es eiskalt den Rücken herunter. Essen nur für Deutsche. Migranten ausgeschlossen.“
Karl Lauterbach (gesundheitspolitischer Sprecher der SPD) schrieb: „Schade, Ausländerhass sogar bei Ärmsten angekommen.“
Katarina Barley (SPD, geschäftsführende Familien- und Sozialministerin des Bundes): „Eine Gruppe pauschal auszuschließen, passt nicht zu den Grundwerten einer solidarischen Gemeinschaft.“
Karl-Josef Laumann (CDU, NRW-Sozialminister): „Nächstenliebe und Barmherzigkeit kennen keine Staatsangehörigkeiten.“
Der Paritätische Wohlfahrtsverband bezeichnete die Maßnahme als „Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten.“
Ein Integrationsbeauftragter warf dem Vorsitzenden Jörg Sator vor, er lasse „ausländische Kinder verhungern.“
Ich spare mir, hier weitere Statements (von Grünen, Linkspartei, Pro Asyl oder dem Sozialverband Deutschland) anzufügen – es ist immer die gleiche Tonlage.
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Es ist unglaublich, aber wahr: Alle die hier zitierten anklagenden Statements gehen auf das eigentliche Problem, das Anlass für den Aufnahmestopp war, gar nicht ein. Den Politikern, die so schnell ihr Urteil fällen, sind die Vorgänge gleichgültig. Diejenigen, die gewaltsam aus der Warteschlange für Lebensmittel gestoßen wurden, werden nicht mit einer Silbe erwähnt. Sie zählen nicht Und auch die Tatsache, dass dies Ausstoßen im Zusammenhang mit dem zahlenmäßigen Übergewicht und der Gruppenmacht einer bestimmten Sozialgruppe steht (junge, männliche Migranten) wird verschwiegen. Als in Essen nur 40 Prozent der Wartenden Migranten waren, gab es das Problem noch nicht. Es ist also konsequent, diese Gruppenmacht zu begrenzen. Was will man denn sonst tun? Aber auf diese Frage lassen sich die Verurteiler gar nicht ein. Das interessiert sie gar nicht. Sie sind Vertreter von „Prinzipien“.
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Es ist im Grunde nur ein einziges Prinzip, das sie vertreten. Jede Unterscheidung von Ausländern und Einheimischen ist moralisch verboten und deshalb auch politisch verboten. Das bedeutet: Wir dürfen nur den „globalen Armen“ kennen und der bevorzugte Repräsentant dieses Abstraktums „Weltarmer“ ist der migrierende Ausländer (genannt „Flüchtling“). Das Elend unseres Nachbarn, den wir seit Jahren und Jahrzehnten aus der Zechensiedlung kennen, mag noch so groß sein und er mag noch so viel Mühe haben, zur Fuß zur Lebensmittel-Ausgabe zu gehen und dort lange in der Schlange zu stehen – er ist kein Flüchtling. Dies aber ist der Sonderstatus, unter dem der junge, kräftige, gruppenbildende Migrant aus Afghanistan oder Syrien sakrosankt ist.
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Wer die Neigung von Migrantengruppen zur gewaltsamen Aneignung und Landnahme ausspricht, spricht nicht über „die“ Ausländer und schon gar nicht über biologische Unterschiede. Er spricht über soziale Unterschiede. Konkret geht es um den Unterschied zwischen hilflos-schwachen Teilen der Unterschicht und gewaltsam-starken Teilen. Diese sind in allen möglichen Ländern und Kontinenten vorhanden. Wer aber pauschal eine Millionenmasse von Migranten willkürlich die Grenze überschreiten lässt, wird geradezu gesetzmäßig zum großen Teil die gewaltsam-starke Fraktion anziehen. Denn er gibt eine Prämie für die Starken unter den Entwurzelten. Die Schwachen wir er nur erreichen, wenn er sie schon vor Ort schützt. Wenn man jetzt in Essen an einer Verteilstelle für Lebensmittel einen pauschalen Aufnahmestopp für Migranten beschließen muss, liegt das daran, dass man vorher eine sozial blinde, pauschale Aufnahme von allen Migranten gemacht hat, die sich bis zur deutschen Grenze durchschlagen konnte.
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Wenn man heute in der Welt ein System sucht, in dem besonders brutal das Recht des Stärkeren gilt – dann ist das Weltmigrationssystem der erste Kandidat.
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In der Auseinandersetzung um die Essener Tafel gehen die Vertreter des „globalisierten Armen“ dabei so weit, dass sie über die getroffene Maßnahme bewusst und bedenkenlos lügen. Der Ausdruck „Essen nur für Deutsche. Migranten ausgeschlossen.“ (Chebli) ist eine Lüge. Die Maßnahme betrifft nur die Neuaufnahme von Berechtigten für die Tafel. Der bisherige Berechtigtenkreis, zu dem auch eine große Zahl von Ausländern gehört, bleibt weiter berechtigt. Deshalb ist die Behauptung von Lauterbach, hier sei „Ausländerhass“ am Werk, ihrerseits eine Aufforderung zum Hass gegen die Organisatoren der Tafel und gegen all die Teilnehmer, die sich über die Zustände in der Warteschlange beklagt haben.
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Und noch in einem zweiten Sinn versuchen hier Politiker, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen und über die Verantwortlichkeiten zu belügen. Denn die Essener Tafel ist nicht Teil des deutschen Sozialstaates und den verschiedenen Formen seiner Grundsicherung. Sie ist eine freiwillige, bürgerschaftliche Zusatzleistung. Sie unterliegt keiner allgemeinen Versorgungspflicht. Es ist bizarr und ein ausgemachtes Lumpenstück, wenn prominente Sozialpolitiker (Lauterbach, Barley, Laumann) den moralischen Stab über die Tafel brechen, und verschweigen, dass in ihrer eigenen Versorgungsverantwortung durchaus (und zu recht) Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern gemacht werden. Diese Leute denken nicht im Traum daran, in ihrem Bereich eine Versorgung der „Weltarmen“ zu organisieren. Was für ein Schauprozess findet hier statt! Man will sich auf Kosten einer bürgerschaftlichen Hilfsorganisation moralpolitisch profilieren. Schlimmer noch: Man will den Druck, den man selber durch die Migrationspolitik ins Land gebracht hat, einer Hilfsorganisation zu Vorwurf machen, die nichts anderes tut, als diesen Druck etwas zu lindern.
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Wenn man jede Unterscheidung zwischen Inländern und Ausländern zum Tabu erklärt, dann geht es nicht nur um eine (berechtigte) Abwehr von „Blut und Boden“, sondern um den Wert kultureller, zivilisatorischer und sozialer Errungenschaften. Das ist in diesem Fall offensichtlich und eigentlich auch ein „linkes“ Thema. Denn es geht um die Stadt Essen, im Herzen des Ruhrgebiets – einer der großen Region der deutschen Industriegeschichte und der Geschichte der Arbeiterbewegung. Auch wenn das Ruhrgebiet diese Sonderstellung längst verloren hat und die Industriearbeiter nur noch einen recht kleinen Teil der Beschäftigten ausmachen, so lebt der Respekt vor der Arbeit und der gegenseitigen Hilfe doch als soziales Erbe weiter. Viele derjenigen, die von den „Tafeln“ Lebensmittel beziehen und dort – regelmäßig oder gelegentlich – anstehen, können etwas von diesem gewachsenen Zusammenhalt erzählen. Sie sind vielleicht „alleinstehend“, „alleinerziehend“ und auch öfters ziemlich „kaputt“, aber sie sind doch nicht völlig „abgehängt“ oder „entwurzelt“, wie manche Soziologen mit ihren Pauschalbegriffen vorschnell diagnostizieren. So hat der Begriff „einheimisch“ durchaus einen Sinn, wenn man ihn auf den Stammkreis der Tafel-Berechtigten bezieht. Und zu diesen Einheimischen gehört auch eine beträchtliche Zahl von Einwohnern mit Migrationshintergrund, die schon längere Zeit die Geschichte des Reviers miterlebt und geteilt haben.
Und so macht es auch einen Sinn, diejenigen von ihnen zu unterscheiden, die in Bezug auf Deutschland und das Ruhrgebiet nur eine einzige Aktion vorzuweisen haben, die allenfalls ein paar Wochen gedauert hat: eine Wanderung von A nach B. Es liegt auf der Hand, dass diese Leute nichts mit dem Ruhrgebiet verbindet – vor allem nichts was mit Bürgertum oder Arbeiterschaft zu tun hat. Sie sind ja nur in Sozialsysteme eingewandert, die andere für sie erarbeitet und finanziert haben. Natürlich wird eine Hilfsorganisation wie die Essener Tafel daraus nicht die Konsequenz ziehen, diesen Kreis der „neuen Migranten“ gänzlich von der Verteilung auszuschließen, aber sie wird unbedingt darauf achten, dass dies nicht zu einer Verdrängung der Einheimischen führt. Denn in diesem Fall würde die Tafel ihre einheimischen Verbindungen kappen, sie würde sich entwurzeln und zu einer Globaleinrichtung werden.
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Wie kann es sein, dass die SPD, deren Geschichte so sehr mit den Arbeits- und Industrietraditionen des Ruhrgebiets verbunden ist, das Schutzanliegen der Essener Tafel so absolut und sogar hetzerisch ablehnt? Die oben zitierten Anklagen und Verurteilungen sind ja großenteil von SPD-Leuten geäußert worden. Auch von der Parteiführung, Nahles, Scholz, Gabriel etc., gibt es nicht eine einzige Stimme der Unterstützung. Natürlich gibt es gestandene Sozialdemokraten vor Ort, die die Problematik der Migrations-Entwicklung sehr klar sehen und auch aussprechen (siehe der Artikel „An den Grenzen der Integrationsfähigkeit“, von Reiner Burger; in der FAZ vom 1.März 2018). Aber sie bestimmen nicht der Kurs der Partei. So kommt es, dass bei der Mitgliederabstimmung über den Vertrag für eine neue große Koalition mit der CDU/CSU gar keine Alternative im Sinne der „Godesberger“ SPD – also einer bürgerlichen Arbeitnehmerpartei, die mit den deutschen wirtschaftlichen und politischen Errungenschaften verbunden ist – zur Abstimmung steht. Die Opposition gegen den GroKo-Vertrag wird von einem linken Flügel betrieben, der noch mehr „offene Tür“ für die Migration will.
Hier wird deutlich, wie sehr sich die soziale Zusammensetzung der SPD verändert hat, und wie sehr ihr Kurs heute von sozialen Aufsteigern bestimmt wird, die mit dem Rücken zur Industrietradition der SPD lebt. So wird der Umgang der SPD mit der Affäre „Essener Tafel“ zu einer neuen Katastrophe für die Partei. Gerade hofft sie noch, mit einer Zustimmung zur Großen Koalition Festigkeit und Zustimmung zurückgewinnen zu können, und schon hat sie sich ein weiteres faules Ei ins Nest gelegt: Sie geht völlig respektlos mit denen um, die für praktische Solidarität im Ruhrgebiet stehen.
Die Tragödie der SPD besteht darin, dass sie inzwischen von einer Sozialschicht von Aufsteigern dominiert wird, die mit dem Rücken zur Industrie- und Arbeiter-Tradition der Sozialdemokratie leben. Das ist im Ruhrgebiet besonders krass sichtbar, wo diese Schichte allenfalls noch ein museales Verhältnis zur Industriearbeiter-Tradition hat und solche Betriebe nur noch als „Industriedenkmäler“ von innen sieht. Deshalb macht für diese Schicht der Begriff „Einheimisch“ überhaupt keinen Sinn. Dass Menschen am Schicksal des Ruhrgebiets Anteil gehabt haben, zählt nicht. Auf dem Sozialkonto der Aufsteiger ist das alles auf Null gesetzt. Sie sind Menschen ohne Vergangenheit, der ganze Prozess des Aufbaus von Arbeitersolidarität zählt für sie nicht. Sie sind deshalb bereit, sowohl die sozialstaatlichen als auch die zivilen Solidaritätseinrichtungen bedingungslos zu öffnen.
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Dies führt manchmal zu einer sehr speziellen Verachtung dieser Tradition. Man könnte von einem menschenverachtenden Spielchen sprechen, das die postmodernen Medienmilieus veranstalten. Der folgende Fall kann verdeutlichen, was ich damit meine. Es ist ein Satz den die Fernsehmoderatorin Dunja Hayali in Richtung der Verantwortlichen der Essener Tafel gesprochen hat und den ich einem sehr lesenswerten Artikel von Jürgen Kaube (in der FAZ vom 1.3.2018) entnehme. Hayali sagt, es sei „nicht besonders schlau, am unteren Ende unserer Gesellschaft `Hunger Games´ zu veranstalten und Deutsche gegen Ausländer auszuspielen. Also Menschen gegen Menschen.“ Sie spricht also von „Hunger-Spielen“. Dazu muss man wissen, dass es die Science-Fiction-Serie „Tribute von Panem“ gibt, in der grausame Gladiatorenkämpfe gezeigt werden, die bis auf den Tod ausgetragen werden und bei denen nur einer übrigbleibt – das Ganze live im Fernsehen. Die Fernsehmoderatorin hat also die Anklage, dass die Essener Tafel Ausländer verhungern lasse, noch weiter gesteigert. Sie behauptet, bei der Essener Tafel sollte einen Kampf auf Leben und Tod um Lebensmittel veranstaltet und fernsehgerecht inszeniert werden. Sie verschleiert diesen ungeheuerlichen Vorwurf durch den Vorspann „es sei nicht besonders schlau“, mit dem sie so tut, als spreche sie nur so im Allgemeinen. Aber natürlich ist ein solcher Satz, der ja im Zusammenhang „Diskussion über die Essener Tafel“ formuliert wird, ein unterstellender Satz. Hayali unterstellt den Essener Tafel-Verantwortlichen, ein sadistisches Spiel mit dem Hunger zu veranstalten.
Damit verrät Frau Hayali einiges von sich und ihrem sozialen Milieu. Es ist das gleiche Milieu, das die Sozialdemokratie von ihren Wurzeln als Industrie- und Arbeiterpartei weggezogen hat. Es geht hier also nicht darum, dass Hayali einen Migrationshintergrund hat. Nicht „die Ausländerin“ spricht hier, sondern das Schnöselmilieu der Schnellaufsteiger in Deutschland. Man sehe sich nur die Figuren an, die uns jeden Morgen das sogenannte Frühstücksfernsehen servieren (eine hochentwickelte Form des Indoktrinations-Entertainments): Sie hätten den gleichen Satz sprechen können wie die Hayali, obwohl sie ganz überwiegend keine Ausländer sind. Es bedeutet also keine Schärfung der Kritik, wenn man die Verunglimpfung der Tafel nur als Ausländer-Problem versteht. Diese Affäre verrät auch sehr viel über die Verachtung, die in unserem eigenen Land gegen die Unterschichten, gegen die Industriearbeit und gegen die bürgerliche Produktivgesellschaft umgeht. Diese Verachtung ist weitgehend hausgemacht.
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Nachdem wir so dies System in seiner Breite in den Blick genommen haben, können wir uns jetzt der Spitze zuwenden: dem Kanzleramt und der Personalie Angela Merkel.
“Das ist nicht gut“ hat Merkel im RTL gesagt. Damit hat sie nicht etwa die Tatsache gemeint, dass die (von ihr ins Land geholten) Migranten andere Menschen, die sich nicht wehren können, gewaltsam aus der Warteschlagen stoßen. Sie hat den Aufnahmestopp der Essener Tafel gemeint.
„Das ist nicht gut“ – Dieser Satz ist kurz, aber verrät in seiner lapidaren Kürze sehr viel. Er zeigt vor allem die Distanz, die diese Kanzlerin zu den Verhältnissen im Lande hat. Er ist sozusagen aus dem Weltraum gesprochen, in einem Fernblick auf den Planeten. Er kennt keine geschichtlich gewachsenen Einheiten, keine Bindungen und deshalb auch keine Einheimischen. Dieser Satz will von den langen und mühsamen Prozessen, von der Arbeit, von der Kapitalbildung, vom Aufbau der technischen Infrastrukturen, vom Aufbau der sozialen Sicherungsfonds, von der langen Entwicklung von Wissen, Technologie und fachlichem Können nichts wissen. Aus ihrer Fernperspektive gibt es nur abstrakte Menschen wie Elementarteilchen, bei denen Unterschiede der Zugehörigkeit, der Bindung, des Entwicklungsstandes, der Errungenschaften keinen Sinn machen. Sie sind zeitlos und raumlos gleich. Ob sie lange an einem Ort waren oder gerade eben ankamen, spielt keine Rolle.
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Merkel hat noch einen zweiten Satz gesprochen, der diese abstrakte Leere noch unterstreicht: „Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen“. Für Merkel ist das Ganze ein Problem der Kategorisierungen. Ohne überhaupt ein Wort mit den Betroffenen gesprochen zu haben, hat Merkel die Vorgänge schon „kategorial“ beurteilt und verurteilt. Die soziale Vorgeschichte vor Ort, die Bedeutung der Zahlenverhältnisse, die besonderen Milieus der Migranten, die die „Tafeln“ für sich entdeckt haben – das alles interessiert nicht. Wir streichen die falschen Einteilungen und alles wird gut.
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Wer solche Worte wählt, behandelt die Menschen wie Elementarteilchen unter dem Mikroskop.
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Wie wunderbar konkret ist dagegen die Person Jörg Sartor. Er ist wirklich in persona die Verbindung zur Industrie- und Arbeitsgeschichte des Ruhrgebiets. Der richtige Mann an der richtigen Stelle. Jörg Sartor contra Angela Merkel – welch wunderbare Gegenüberstellung hat uns da die invisible hand der Geschichte serviert! Welche andere Person hätte dem Land besser anschaulich machen können, wie arm die Persönlichkeit der „Weltkanzlerin“ ist.
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An dem Fall „Essener Tafel“ wird aber auch deutlich, wie wenig die CDU in der Ära Merkel von diesem bestimmten Land mit Namen Deutschland weiß und wissen will. In der Ära von Adenauer und Erhardt wäre es undenkbar gewesen, sich auf eine solch schnöde Weise über einen sozialen Brandherd im Ruhrgebiet hinwegzusetzen. Auch unter Helmut Kohl hat die CDU noch sorgfältig ihre Verbindungen mit dem „Revier“ gepflegt. Und es ist auch bezeichnend, dass als einzige Ausnahme die bayrische CSU anders reagiert hat und sich instinktiv an die Seite der Essener Tafel gestellt hat. Dobrindt hat sehr früh mit Sartor telefoniert, Seehofer hat kurz darauf sein Verständnis für den Aufnahmestopp signalisiert.
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Es sind im Zuge dieser Affäre nicht nur neue Tiefpunkte der Arroganz und Infamie von deutschen Politikern und Medienleuten erreicht worden, sondern es haben auch die kritischen Kräfte Zuwachs erhalten. Der Fall „Essener Tafel“ wird in der Geschichte der Republik als ein Ereignis verzeichnet werden, das die moralisch-politische Autorität der dato recht unangefochten regierenden Kreise angeschlagen hat. Die Regierenden haben ihren guten Ruf der Mitmenschlichkeit verloren. Es ist deutlich geworden, dass ihnen die gesamte Wirklichkeit in der unteren Etage des deutschen Hauses und die brutale Verdrängung, die hier herrscht, gleichgültig ist und sie diese eiskalt ignoriert.
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Eine wichtige Erkenntnis: Der Blick auf das ferne Elend, das so erschütternde Bilder und Geschichten liefert, kann mit einer ganz egoistischen Gleichgültigkeit gegenüber der täglichen Gewalt und Hilflosigkeit in der Nachbarschaft oder im Nachbarstadtteil der eigenen Stadt einhergehen.
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Für die Herren der alten dynastischen Großreiche war es schon immer leichter, eine bunt zusammengewürfelte Untertanenschaft im Land zu haben – im Zweifelsfall überließ man die Gewaltätigen und die Hilflosen sich selbst. Diese Spielräume für die alten Herren wurden erst beseitigt, als eine bürgerlich-dichte, durch flächendeckende Gesetze und sichere Grenzen geschützte Bevölkerung sich entwickeln konnte. Dafür war die Bildung der Nationalstaaten erforderlich. Sie waren der Rahmen für die Herrschaft des Rechts und die kapitalbasierte Marktwirtschaft. Doch in unserer Ära, in der wieder globale Regime auftreten, scheint die alte Reichs-Logik wiederzukehren – und damit auch jene bunt gemischte untere Gesellschaftsetage, in der die Hilflosen den Brutalen ausgeliefert sind.
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Der wichtigste Fortschritt durch die Essener Affäre besteht darin, dass diejenigen, die man sonst mit Achselzucken preisgegeben hätte, sich nun Respekt verschafft haben. Man hat es nicht geschafft, die Essener Tafel zu isolieren. Es hat ein paar Tage gedauert, aber dann haben sich recht viele Menschen, auch in öffentlichen Funktionen und Medien, auf die Seite der Essener gestellt. Sie haben diese Entscheidung gegen das Statement der Kanzlerin getroffen (und gegen die Statements führender Politiker beider GroKo-Parteien). Das bedeutet viel. Es ist ein Misstrauensvotum.
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Und es ist nicht nur Protest, sondern auch ein ganz praktischer Schritt. Der Aufnahmestopp (der nicht zurückgenommen wurde) hat gezeigt, dass man dem Teil der Migranten, der entwurzelt, bindungslos und gewalttätig ist, entgegentreten kann. Dass es Lösungen gibt. In einer Zeit, in der sich viele Bürger fragen, ob die Gesetze wirklich vor Ort gelten und durchgesetzt werden, hat die Essener Tafel genau hier gehandelt. Es war richtige Tat am richtigen Ort.
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Das berührt eine historische und heute vielfach vergessene Errungenschaft, die mit dem nationalen Rechtsstaat verbunden ist: Durch flächendeckende Normen und das entsprechende Gewaltmonopol wurde auch die Unterschicht gegen das Milieu der nomadisierenden, bandenförmigen Gewalt geschützt.
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Das bedeutet ganz praktisch: Man wird in Deutschland jetzt manche Vorkommnisse kritischer betrachten und nicht mehr so leicht durchgehen lassen. Da gab es ja schon Vorfälle in Freibädern und in Diskotheken, bei denen Migrantengruppen übergriffig wurden und die Verantwortlichen versuchten, diese Gruppen auszuschließen. Die Besetzung von Orten (Plätzen, Parks, Bahnstationen, etc.) und die Verdrängung von Einheimischen, die weniger wehrhaft sind oder sich schlicht nur als Einzelne bewegen, gehört schon zum Alltag im heutigen Deutschland. Das alles wird man jetzt in Deutschland nicht nur kritischer betrachten, sondern man wird diesen Verdrängungskampf auch nicht mehr einfach hinnehmen.
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Zugleich wird man – nun allgemein-politisch gesprochen – auch eine bestimmte Methode des Regierens mit schärferem Blick beobachten. Diese Methode, die in unserer Zeit die Vorherrschaft hat, besteht aus zwei Merkmalen:
- Zum einen ist sie an vielen Stellen der Wirklichkeit gleichgültig, rücksichtslos und arrogant. Sie nimmt Opfer billigend in Kauf. Und sie verschleiert auch die Opfer vor der Öffentlichkeit. Oder sie tut so, als sei es halt „der Preis unserer freien Lebensform“, wenn der öffentliche Raum verroht und verwahrlost; wenn man Videokameras nur im Ausnahmefall zulässt, aber Intensivtäter selbst nach der x-ten Tat erneute „auf Bewährung“ in diesen öffentlichen Raum wieder entlässt.
- Und neben dieser Gleichgültig gibt es als zweites Grundmerkmal eine neue Übergriffigkeit. Man möchte das Denken beeinflussen, den Gebrauch bestimmter Worte tabuisieren. Man will die Hoheit „über den Stammtischen“, soll heißen: die Diskussionshoheit. Man will die Definitionsmacht über die Probleme – will also bestimmen, „was die Frage ist“. Moderatoren sehen ihre Aufgabe darin, den Zuschauern, Hörer und Lesern vorzugeben, wie Ereignisse und Tatsachen „einzuordnen“ seien. Zugleich wollen die Regierenden – siehe Essener Tafel – tief in die zivilbürgerlichen Initiativen hineinregieren. Während der Staat bei Kernaufgaben versagt oder sich gar nicht mehr zuständig fühlt (siehe Grenzschutz), mischen sich die Regierenden auf das Intimste in unsere Gedanken, unsere Essgewohnheiten, unsere Lebensführung etc. ein.
Diese Verbindung von Rückzug und Übergriff, von Nicht-Einmischung und Über-Einmischung ist Signatur des Politischen in unserer Gegenwart.
Diese Methode wird übrigens nicht nur gegenüber den Unterschichten praktiziert. Wer die Eingriffe und Nichteingriffe im Energiesystem, im Bildungssystem oder im Verkehrssystem betrachtet, findet das gleiche Muster: Tragende Pfeiler werden mit größter Gleichgültigkeit abgerissen, aber zugleich wird eine detaillierte Vormundschaft über das „richtige“ Leben und Lernen errichtet.
Die Essener Tafel liefert in gewisser Weise das Gegenmodell: Sie mischt sich nicht in das Leben der Menschen ein, aber sie tut an einer bestimmten Stelle das Notwendendige.
Nun sind beide Modelle zusammengestoßen. Das Ergebnis ist erfreulich. Die Regierungskarosse hat eine kräftige Beule bekommen. Und die Essener Tafel-Laster fahren weiter.